Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zur Neufassung der Geschäftsordnung des Kreistags Mainz-Bingen – Digitale Sitzungsteilnahme
13. Dezember 2024
Sehr geehrte Frau Landrätin, verehrter Kreisvorstand, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Im Frühjahr 2023 ist der um die digitale Sitzungsteilnahme veränderte §28 der LKO in Kraft getreten.
Damals lautete die Begründung des Innenministeriums: „Das digitale Sitzungsformat hat sich bewährt und es ist zeitgemäß. Deshalb wollen wir auch außerhalb von Ausnahmesituationen die digitale Teilnahme von Ratsmitgliedern an Sitzungen der Stadt- und Gemeinderäte sowie der Ausschüsse ermöglichen. Hybride Sitzungsformate, bei denen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowohl die Mitwirkung in Präsenz als auch digital offen stehen, fördert insbesondere die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt und macht somit auch die Übernahme eines kommunalen Ratsmandats attraktiver. Wurde Minister Ebling hier zitiert.
Der Landkreistag hat sich in einer Stellungnahme am 15.03.2023 ausdrücklich für die Möglichkeit einer digitalen Sitzungsteilnahme ausgesprochen.
Die FDP Fraktion hat sich schon früh in der letzten Wahlperiode für die Nutzung des digitalen Instrumentenkastens als eine Möglichkeit für die Gremienarbeit des Landkreises ausgesprochen. Sobald die gerade zitierte Gesetzesänderung in Kraft war, haben wir darum gebeten, die Umsetzung dieser Möglichkeiten in die Geschäftsordnung des Kreistages vorzunehmen. In der letzten Wahlperiode wollte die Koalition nicht ran, wollte den neuen Räten nicht vorgreifen, hat den Kreistag auf diese Periode vertröstet.
Und heute sollen wir über eine Geschäftsordnung abstimmen, die diese Möglichkeit ganz bewusst nicht vorsieht.
Die digitale Teilnahme an kommunalen Gremiensitzungen ist u.E. eine vergleichsweise kleine Sache für einen Landkreis unseres Zuschnitts. Sie kann aber für die Gremienmitglieder eine echte Erleichterung der Rahmenbedingungen für die Ausübung des Ehrenamts bringen.
Statt nach vorne zu gehen und einen aktiven Beitrag zur Modernisierung der Gremienarbeit in einem Flächenlandkreis mit weiten Wegen zu sorgen, bleiben wir mutlos auf dem Stand von gestern.
Wir haben ein umfassendes, aufwendiges Klimaschutzkonzept. Diese kleine, nahezu kostenlose Maßnahme, die eine echte Verringerung des Individualverkehrs zur Folge haben können, weil die Gremienmitglieder nicht alle für 20 Minuten Ausschusssitzung ohne Beschlüsse 35km einfache Strecke fahren müssen, werden nicht einmal in Erwägung gezogen.
Das wirft Fragen auf.
Der Verweis auf die hohen Personal- und Infrastrukturkosten zieht u.E. nicht. Die gesamte Technik ist bereits seit Jahren im Kreistagssaal vorhanden und was die personelle Beteiligung betrifft, so ist heute schon immer ein Technikbetreuer anwesend.
Und, lieber Kreisvorstand, was die inhaltliche Begründung betrifft, die in der Sachdarstellung noch angeführt wird, der Ausschluss von Satzungsbeschlüssen und Personenwahlen, so dürfen die zugeschalteten Teilnehmer in diesen Fällen nicht mitstimmen. Das heißt aber nicht, dass die Abstimmungen nicht mit den in Präsenz teilnehmenden Gremienmitgliedern erfolgen dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollen heute einem Vorschlag zustimmen, der v.a. getragen ist von zwei Fraktionen, die beide einen neuen Kandidaten für die Landratswahl am 23.2.2025 ins Rennen schicken.
Und beide Kandidaten haben offenbar kein Interesse daran, dass unser Landkreis, der zweitgrößte im Land, zukunftsorientierte Möglichkeiten nutzt?! Die Vereinbarkeit von Ehrenamt, Beruf, Familie und Pflege dort, wo diese sie verbessern könnten, zu stärken. – Nicht ihr Ziel?
Im Gegenteil, die klare Forderung des Innenministers kommunale Gremienarbeit zukunftsfähig aufzustellen verhallt offenbar auch bei seinen Parteifreunden der SPD.
Dies wirft für uns Fragen auf, inwiefern die beiden Kandidaten den Landkreis zukunftsorientiert weiterentwickeln wollen.
Die FDP stimmt dem vorliegenden Entwurf der Geschäftsordnung nicht zu.