Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2023
10. Februar 2023
Frau Landrätin, meine Damen und Herren,
nichts ist mehr, wie es einmal war. Dies gilt für die Verabschiedung des Kreishaushaltes im Februar – eine Situation, die es noch nie gegeben hat. Und dies gilt für das vorliegende Zahlenwerk, das uns drastisch vor Augen führt, dass Wachstum im Landkreis Mainz-Bingen endlich ist.
Der Haushalt 2023 ist ein Paradigmenwechsel. Nach Jahren des „immer mehr“ heißt es nun sparen, wo immer es geht. Worin liegen die Ursachen für diese Entwicklung?
Da ist an erster Stelle das vom Land beschlossene Landesfinanzausgleichsgesetz zu nennen. Dadurch verliert der Landkreis 25 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen. Doch was soll hier ausgeglichen werden? Das Land will mit diesem Gesetz einen Ausgleich unter den Landkreisen schaffen, das heißt im Klartext, dass finanziell starke Landkreise, wie unser Landkreis, zur Finanzierung ärmerer Landkreise herangezogen werden. Das bedeutet, dass wir ohne unser Zutun in eine Situation geraten sind, die ein Umdenken zwingend nötig macht.
Gleiches gilt für das Kita-Gesetz. Auch hier hat das Land uns einen Bärendienst erwiesen. Rund 8 Millionen Euro muss der Kreis an Mehrausgaben in diesem Jahr einplanen, um den Ausbau der Ganztagsbetreuung, den Mehrbedarf an Personal und die tariflichen Kostensteigerungen zu stemmen. Und das ist erst der Anfang der Entwicklung, denn zurzeit können nicht alle Stellen bedingt durch den Fachkräftemangel besetzt werden. Ich hoffe, Frau Landrätin, dass Sie zwischenzeitlich das Land kontaktiert haben und die Umsetzung des Konnexitätsprinzips eingefordert haben. Wir hatten dies vor vielen Wochen so vereinbart.
Da der Kreis nicht über eigene Einnahmen verfügt, stellt sich nun die Frage, wie man die schwierige Haushaltssituation in den Griff bekommen soll.
Da ist zunächst das Instrument der Kreisumlage. Je höher die Kreisumlage, desto schwieriger wird die Lage in den Gemeinden des Kreises. Denn diese müssen die Umlage aus ihren Einnahmen schultern. Für uns als FDP-Fraktion war es von allergrößter Bedeutung, die Finanzkraft der Kommunen so wenig wie irgend möglich zu schwächen. Deshalb waren wir auch mit der ursprünglichen Planung der Kreisverwaltung, die Umlage um 2,5 Prozentpunkte zu erhöhen, nicht einverstanden. Dies wäre insbesondere zu Lasten der Städte Ingelheim und Bingen gegangen. Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, die freiwilligen Leistungen des Kreises in den Blick zu nehmen um dort Geld ein zu sparen, wo wir nicht in der gesetzlichen Verpflichtung stehen. Alle Fraktionen – und genau das war der richtige Ansatz – haben sich in der AG „Finanzen“ zusammengefunden und Wege diskutiert und vereinbart, die letztlich zur Halbierung der freiwilligen Leistungen geführt haben. Damit ist es gelungen, die Anhebung der Kreisumlage zu reduzieren. Mit einem Hebesatz von nunmehr 1,25 Prozentpunkten verbleiben 9 Millionen Euro mehr – als ursprünglich geplant – in den Gemeinden des Kreises.
Ich möchte nicht versäumen, die sachorientierte Zusammenarbeit aller Fraktionen in der AG „Finanzen“ zu loben. Wenn der Blick auf das Ganze gerichtet wird, müssen politische Grabenkämpfe verschwinden. Und das haben wir geschafft.
Welche freiwilligen Leistungen sind nun auf der Strecke geblieben? Da ist zu aller erst die Ehrenamtsförderung zu nennen. Auch andere Förderprogramme wurden gestrichen oder reduziert. Die Rheinhessensparkasse wurde bei etlichen sozialen Projekten in die Pflicht genommen. Jeder – auch noch so kleine Posten – wurde hinterfragt.
Wie geht es nun in der Zukunft weiter?
Da die meisten investiven Projekte des Kreises – vor allem im Schulbau – abgeschlossen sind oder kurz vor der Vollendung stehen, wird es hier keine millionenschweren Belastungen mehr geben.
Ganz anders sieht es im Sozialbereich aus. Die Flüchtlingswelle wird nicht abschwellen. In vielen sozialen Bereichen gibt es Fallzahlsteigerungen. Neue Bundesgesetze führen zu einer vermehrten Anzahl an Leistungs-Empfängern im Bereich Bürgergeld, Grundsicherung und Wohngeld. Und die steigenden Lebenshaltungskosten, die steigende Inflation lässt die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander klaffen. Der Ruf nach staatlicher Unterstützung in vielen Bereichen wird lauter. Immer wieder stellt sich die Frage nach dem sozialen Frieden in unserem Land. Der Ukrainekrieg, die Kostensteigerungen in der Pflege und die sich weiter nach oben entwickelnden Zahlen im Bereich Asyl machen deutlich, welche Herausforderungen uns auch weiter bevorstehen.
Deshalb kann die Antwort auf die Frage nach der Zukunft des Kreishaushaltes nur lauten: Beschränkung auf die gesetzlich verpflichtenden Maßnahmen, Überprüfung jeder freiwilligen Leistung, Maßhalten im Bereich der Stellenpolitik.
Wenn wir dies berücksichtigen, werden wir uns als Kreispolitiker keine Vorwürfe machen müssen. Was andere – wie Land oder Bund uns aufbürden – steht auf einem anderen Blatt.
Zum Schluss gilt mein Dank allen, die an dem Haushalt mitgewirkt haben, vor allem Herrn Schwarz und seinem Team.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.