FDP-Kreistagsfraktion Mainz-Bingen
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Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2022


21. Dezember 2021

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die FDP-Kreistagsfraktion stimmt dem Kauf der Immobilie Gesundheitsamt in Mainz zu. Wir sind daher auch damit einverstanden, dass 21 Mio Euro komplett refinanziert werden. Aber – meine Damen und Herren – neue Wände allein sind noch kein neues Gesundheitsamt. Wir wollen damit auch eine inhaltliche Aufwertung des Amtes erreichen. Kreis-Gesundheitspolitik war – und da machen wir uns bitte nichts vor – bis zu Corona – eher ein „Nebengleis“. Jetzt – in Corona-Zeiten – wird allen bewusst, welche Bedeutung ein solches Amt in extremen Zeiten haben muss. Wir erwarten deshalb inhaltlich eine zeitgemäße Aufstellung, in der auch die Digitalisierung eine Rolle zu spielen hat. Wann ist das persönliche Erscheinen eines Klienten erforderlich – Stichwort Substitutionsambulanz – und wann können Anliegen digital abgearbeitet werden. Solchen und ähnlichen Fragen muss sich die Verwaltung stellen – und da ist eine neue räumliche Gegebenheit sicherlich auch eine gute Gelegenheit sich optimaler aufzustellen.

Natürlich stellt sich jetzt die Frage, wie gegenfinanziert werden soll. Da für uns als FDP der Gesundheitsschutz oberste Priorität darstellt, stimmen wir in diesem Jahr einer Kürzung der Ehrenamtsförderung zu. Seit 2007 haben wir ca. 34 Mio Euro in die Ehrenamtsförderung investiert. Das war richtig, denn dadurch konnte eine beispiellose Infrastruktur aufgebaut werden, die ihres gleichen im Lande sucht. Auch weil in 2021 nicht alle Mittel abgerufen wurden, haben wir kein Problem mit einer Kürzung.

Ein weiterer Vorteil dieser Kürzung ist die Tatsache, dass wir keine Umlageerhöhung vornehmen wollen. Dies geht ganz klar zu Gunsten der Gemeinden und Städte in unserem Landkreis. Und dies wiegt umso schwerer, als dass 1 Punkt Kreisumlage ca. 5 Mio Euro für den Kreis an Einnahmen bringen würde. Es wäre also ein Leichtes gewesen, sich über diesen Weg zu refinanzieren.

Für die Zukunft sehen wir jedoch dunkle Wolken am Horizont. Die ADD verlangt von uns perspektivisches Handeln. Das heißt, wir müssen hinsichtlich Einnahmen und Ausgaben die Zeit bis 2025 im Blick haben. Bis 2025 werden wir ca. 30 Mio Euro weniger an Kreisumlage einnehmen als in 2022. Über die liquiden Mittel können Einnahmenausfälle abgefedert werden, ohne dass es zu einer Kreditaufnahme kommen müsste. Es verblieben dann bis 2025 gerade einmal noch ca. 400.000 Euro. Ob diese Rechnung Bestand haben wird, wird die Zukunft erweisen. Fest steht jedoch, dass wir den Ausgabengürtel enger schnallen müssen. Wir leisten uns als Kreis viele sinnvolle freiwillige Leistungen – und Sie gestatten mir, dass ich das als Ingelheimerin auch so formuliere – auch auf Kosten der Stadt Ingelheim.

Ein weiteres Risiko, das dieser Berechnung zu Grunde liegt, ist der neue Landesfinanzausgleich und damit verbunden die Zahl der Schlüsselzuweisungen.  Wenn es schlecht läuft, könnte es zu einer Reduzierung der Schlüsselzuweisungen kommen und damit verbunden zu Einnahmerückgängen.

Ein weiterer Risikofaktor stellen die steigenden Baukosten dar. Wir haben Baukosten im Straßenbau, wonach drei Maßnahmen aus dem Programm in 2022 umgesetzt werden sollen, und wir haben Baumaßnahmen im Bereich der Schulen und nicht zu vergessen unser neues Kreisverwaltungsgebäude II. Letzteres wird erheblich teurer werden als geplant – man rechnet nun mit 43,1 Mio Euro – z.B. auch durch Sanitär, Lüftung, Heizung und Strom – um nur einige Beispiele zu nennen.

Auch der Kommunale ÖPNV mit Bad Kreuznach wird in den Folgejahren noch viel Geld aus den Kreiskassen spülen. Aber – und das muss man der Fairness dazusagen – das war so gewollt um Vorteile im Hinblick auf die Beförderungssituation zu erreichen.

Weitere Kostentreiber befinden sich im Teilhaushalt 07.

Während in 2015 noch 50 Mio Euro als Ausgaben veranschlagt wurden, beläuft sich in 2022 die Summe auf 105 Mio Euro. Die Hilfen zur Erziehung steigen deutlich an, ebenso die durchschnittlichen Kosten für Heimerziehung. Auch das Kita-Zukunftsgesetz ist ein weiterer Kostentreiber, der entweder von der Landesregierung bei Verabschiedung des Gesetzes nicht gesehen wurde oder nicht gesehen werden wollte. Ich bestreite nicht, dass das Gesetz notwendig  war und auch gute Elemente beinhaltet, aber die Lasten, die auf die Träger zukommen, sind enorm.

Positiv darf angemerkt werden, dass der Kreis aber auch mit „Einnahmen der besonderen Art“ im Bereich kreiseigener Immobilien rechnen darf. So werden ca. 1000 m2 bei den neuen Räumlichkeiten für das Gesundheitsamt vermietet. Andere Objekte, die im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 erworben wurden, sollen verkauft werden. Und schließlich brauchen wir mit Fertigstellung des neuen Kreisgebäudes II den Kreuzhof nicht mehr, der mit Gewinn verkauft werden dürfte.

Während wir im letzten Jahr noch über ein Kreisarchiv diskutierten, ist in 2022 dieses nur als Ermächtigung eingestellt. Wenn man die gesamte Haushaltssituation betrachtet, muss man feststellen, dass die Spielräume für das Kreisarchiv auch immer enger werden.

Offen ist auch die Frage, wie es mit der Hildegardisschule weitergehen wird. Im Haushalt sind dazu keine Ansätze vorhanden. Spätestens in 2023 muss eine Lösung gefunden worden sein, denn dass das Bischöfliche Ordinariat die Schule nicht weiter tragen wird, steht fest. Wir wünschen uns keine Hängepartie wie in Nonnenwerth – Eltern und Schüler und auch das Kollegium brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und Klarheit.

Lassen Sie mich nun zu dem Antrag meiner Fraktion kommen. Dass Rheinquerungen notwendig sind, steht für uns außer Frage. Da eine Autobrücke in absehbarer Zeit nicht realisiert werden wird, halten wir die Unterstützung einer Machbarkeitsstudie für eine Fußgänger- und Radbrücke für geboten. Sie ist touristisch, ökonomisch, ökologisch als auch finanziell vertretbar.

Ich komme zum Abschluss:

Der Haushalt 2022 wirft seine Schatten auf eine Zukunft voraus, die uns wieder zum Maßhalten – insbesondere im Hinblick auf die freiwilligen Leistungen – zwingen wird. Kostensteigerungen, unvorhersehbare Ausgaben (als Beispiel seien hier die Maßnahmen an der BBS Bingen genannt) aber auch die Umstrukturierung des ÖPNV verschlingen Millionen. Wir als FDP ziehen daraus die Konsequenz, heute keine Anträge vorzulegen, die den Kreishaushalt weiter belasten werden. Dennoch werden wir dem Haushalt unsere Zustimmung geben, denn er ist ausgeglichen und hinsichtlich der Maßnahmen politisch und sachlich vertretbar.

Vielen Dank.

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