FDP-Kreistagsfraktion Mainz-Bingen
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Redebeitrag von Helga Lerch / FDP-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2020


25. November 2019

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

„Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit“. Dieser Satz von Kurt Schumacher hat auch viele Jahre nach seinem Tod nichts von seiner Aktualität verloren. Wobei „Wirklichkeit“ im Falle unseres Haushalts auch drei Folgejahre mit einbezieht. Die Doppik zwingt uns über die Gegenwart hinaus zu denken und verpflichtet uns damit, heutiges Handeln immer auch unter dem Aspekt der Auswirkungen auf die nächsten Jahre  zu sehen.

Bezogen auf den uns vorliegenden Haushalt heißt dies konkret: Wir haben aktuell noch einen Jahresüberschuss und damit liquide Mittel, aber in der Zeit von 2021 – 2023 wird es aller Wahrscheinlichkeit keinen Ausgleich mehr geben. Wir müssen sogar von einem Minus von 60 Mio Euro ausgehen. Der Spielraum für politisches Handeln ist damit auf dem Nullpunkt – definiert man dieses Handeln im Rahmen von  freiwilligen Leistungen.

Trotzdem wollen wir als FDP-Fraktion die dem Haushaltsentwurf zu Grunde liegende Kreisumlage nicht verändern. 189 Mio Euro bringt uns die Kreisumlage, wovon die Stadt Ingelheim alleine 62% trägt. Bei einem Landesdurchschnitt von 44% wird deutlich, dass wir im Landkreis immer noch sehr gut dastehen. Mit den Ehrenamtsprogrammen schaffen wir einen Ausgleich zwischen armen und reichen Gebietskörperschaften – was durch eine Veränderung der Kreisumlage in diesem Maße nicht möglich wäre. Mit den drei großen Ehrenamtsprogrammen haben wir insgesamt eine Förderung von 32,8 Mio Euro möglich gemacht – und damit nicht nur den Empfängern Gutes getan, sondern auch volkswirtschaftlich viel bewegt.

Wie geht man nunmehr mit einem Haushalt um, der perspektivisch dunkle Wolken am Himmel hat? Wir als FDP-Fraktion haben daraus den Rückschluss gezogen, dieses Jahr keine investiven Anträge in die Haushaltsberatungen einzubringen. Unsere Anträge spiegeln die Sorge um die zukünftigen Finanzen des Landkreises aber auch die Frage, ob wir die bisherigen freiwilligen Leistungen in gleichem Umfang beibehalten können.

Wir beantragen daher die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „freiwillige Leistungen“, die die Aufgabe haben soll, diese Leistungen auf ihre inhaltliche Notwendigkeit und finanzielle Realisierbarkeit zu überprüfen. In die gleiche Richtung geht unser Antrag „Personalbedarfsplanung“- Auch hier wollen wir die Einrichtung einer Arbeitsgruppe um verpflichtende und freiwillige Personalbedarfe zu eruieren. In einem weiteren Antrag erfragen wir die Altersstruktur der Beamten und Beschäftigten in der Kreisverwaltung um auch hier in die Zukunft gerichtet verbindliche Aussagen machen zu können.

Unser nächster Antrag sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein und entspricht auch dem Haushaltsrecht. Jeder kostenintensive Antrag muss mit einem klaren Finanzierungsvorschlag gekoppelt sein. In der Vergangenheit war es relativ einfach, investive Vorhaben durch liquide Mittel abzudecken. Diese Zeiten, meine Damen und Herren, sind definitiv vorbei. Wir werden deshalb heute sehr genau hinsehen, wie die anderen Fraktionen investive Maßnahmen finanzieren wollen.

Bezüglich des im Haushalt mit einem Ansatz von 3 Mio Euro ausgewiesenen Kreisarchivs fordern wir die Kreisverwaltung auf, eine klare Konzeption und detaillierte Finanzierungsvorschläge offenzulegen. Ferner gilt es zu prüfen, ob die kreiseigene Immobilie „Kreuzhof“ als Standort für ein Kreisarchiv in Erwägung gezogen werden kann. Auch mit unserer Anfrage zu den kreiseigenen Liegenschaften – insbesondere hinsichtlich jener, die zurzeit leer stehen oder ungenutzt sind – wollen wir mehr Klarheit auch hinsichtlich des Kreisvermögens und der Nutzungsfrage.

Lassen Sie mich nunmehr auf Anträge anderer Fraktionen Bezug nehmen:

Dabei greife ich nur schwerpunktmäßig einige Anträge heraus.

Zu den Anträgen von CDU/SPD/FWG:

Wir unterstützen die Bemühungen um die Errichtung einer Realschule+ in Nieder-Olm und die Bereitstellung eines ersten Planungsansatzes. Wir werten dies auch als ein politisches Zeichen des Landkreises, den Bau einer RS+ am Standort Nieder-Olm zielgerichtet und nachdrücklich zu verfolgen. Ungeachtet davon, erwarten wir von der Kreisverwaltung eine Information über die vom Bildungsministerium geforderte Klärung der Schülerströme vor allem aus dem benachbarten Kreis Alzey-Worms.

Hinsichtlich der Mittelerhöhung für die Volkshochschulen im Kreis muss man feststellen, dass der Ansatz seit 2004 nicht erhöht worden ist. Unstrittig ist der Verdienst der Volkshochschulen im Bereich der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens. Von daher stimmen wir diesem Antrag zu.

Auch die Förderung der kommunalen nicht-kommerziellen  Musikschulen  findet unsere Zustimmung. Der wertvolle Beitrag der Musikschulen ist in unserer Bildungslandschaft unverzichtbar.

Wir begrüßen, dass den genannten Anträgen ein klarer Finanzierungsvorschlag zu Grunde liegt, nämlich die Einsparung aus Kürzung des Ansatzes zur Sportförderung.

Nun zu den Anträgen von Bündnis90/Die Grünen.

Hier möchte ich mit dem Antrag 24-Stundenbetrieb der Fährverbindung Bingen-Rüdesheim beginnen. Wir haben den Antrag im letzten Jahr abgelehnt und werden ihn in diesem Jahr wieder ablehnen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Überprüfung der Machbarkeitsstudie wird im Laufe des Jahres erste Ergebnisse bringen. Dem werden wir nicht vorgreifen.

Dagegen begrüßen wir den Prüfauftrag „Ausbildungschancen für handwerkliche und soziale Berufe“ um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Zu den Anträgen der AFD: Wir lehnen eine Senkung der Kreisumlage zum jetzigen Zeitpunkt ab – die Begründung habe ich eingangs schon gegeben. Erschreckend ist für uns der aufgezeigte Finanzierungskatalog, der u.a.  im Bereich Asyl und Integrationskurse wieder einmal zeigt, dass Sie den Kern der Migrationspolitik nicht verstehen wollen und einseitig völkisch denken und agieren. Eine solche Haltung lehnen wir entschieden ab.

Was die „Sinnhaftigkeit“ freiwilliger Leistungen anbelangt, so ist dies eine politische Entscheidung. Der Kreistag kann explizit über spezielle freiwillige Leistungen entscheiden, die Frage der „Sinnhaftigkeit“ ist dabei eine politische Frage, die nicht Gegenstand eines sehr allgemeinen Antrages sein kann.

Ich komme zum Abschluss:

Die FDP-Fraktion wird dem Haushalt ihre Zustimmung geben, der in unseren Augen vom Prinzip der Sparsamkeit getragen werden muss.

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