FDP-Kreistagsfraktion Mainz-Bingen
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FDP will Anhörung zu ÖPNV-Problemen


13. Juni 2019

Der Landkreis Mainz-Bingen sieht sich gerne als „Bildungs-Landkreis“. Dank sprudelnder Steuereinnahmen konnte man die Schulen in seiner Trägerschaft vergleichsweise üppig mit Whiteboards und Tablets ausstatten und so fit für digitale Bildung machen. Landkreise, deren Haushalt solche Spielräume nicht aufweist, sehen daher eher mit Neidgefühlen auf die Region zwischen Guntersblum und Bacharach.

Gefühle ganz anderer Art muss man allerdings empfinden, wenn man die Probleme mit der Schülerbeförderung verfolgt, die in Teilen dieses „Muster-Landkreises“ auftreten. Auf den Bahnstrecken kommt es nicht nur immer wieder zu Zugverspätungen, die dann den Schülerinnen und Schülern das pünktliche Erreichen des Unterrichts oder der Anschlussbusse in die Heimatorte unmöglich machen. Vermehrt fallen in letzter Zeit Züge gleich komplett aus. Frustrierte Pennäler, die auf dem Bahnsteig die Anzeige „Zug fällt aus“ registrieren und dann in einer Handy-App nach der nächsten Verbindung suchen, gehören fast schon zum täglichen Erscheinungsbild. Die Betreiber des Schienenverkehrs argumentieren entschuldigend mit einem Mangel an Lokführern. Und fügen noch hinzu, dass sich angesichts dieses Mangels die Betreiber gegenseitig Lokführer abwerben würden. Sind vor diesem Hintergrund diese Betreiber überhaupt in der Lage, die von ihnen vertraglich zugesicherten Beförderungsleistungen zu erbringen?

Doch auch die Busverkehre funktionieren nicht so, wie es die Kunden zu Recht erwarten dürften. Da fährt der Bus schon einmal an einer Haltestelle mit erkennbar dort wartenden Kindern und Jugendlichen einfach vorbei – weil „der Bus schon voll“ sei. Oder die in der Regel Minderjährigen werden statt an der vorgesehenen Haltestelle „in der Pampa“ abgesetzt.

Für Schülerinnen und Schüler sind Busse und Bahnen eben nicht bloß eine umweltbewusste Mobilitätsalternative zum Auto – und wenn dann zum „Eltern-Taxi“, das aber auch nicht auf Abruf bereitstehen kann. Sie sind auf einen funktionierenden ÖPNV angewiesen. Und dabei müssen sie sich auf Fahrpläne verlassen können. Oder sollten diese schon längst – wie dies neulich ein SWR-Reporter in seinem Bericht über die die arg gebeutelten Schülerinnen der Binger Hildegardis-Schule („Higa“) arg-wöhnte – vom Zufallsprinzip abgelöst worden sein? Wenn dann – wie in besagtem Beitrag zu sehen – die Schülerinnen notgedrungen die Wartezeit auf den nächsten Anschluss mit dem Erledigen von Hausaufgaben auf dem Bahnsteig des Binger Stadtbahnhofs verbringen, ist das fast schon makaber.

Es ist an der Zeit, endlich für mehr Klarheit zu sorgen. Das ist die Meinung der FDP-Fraktion im Kreistag Mainz-Bingen. Und so hat sie für die nächste Sitzung einen Antrag vorgelegt, in dem sie neben konkreten Angaben über das Ausmaß der monierten Fälle auch eine Anhörung fordert. In der sollen die kritisierten Betreiber der Bahn- und Busverkehre ihre Sicht der Dinge darlegen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen – und zwar kurzfristige Lösungen. In Werbekampagnen – wie beispielsweise der Mittelrheinbahn – zur Ausbildung von Lokführern sehen die liberalen Kreispolitiker jedenfalls keine kurzfristige Lösung der Probleme.

Fraktionsvorsitzende Helga Lerch, früher selbst als „Higa“-Schülerin und später als Schulleiterin des Gymnasiums Nackenheim mit vielen Facetten des „Fahrschüler“-Daseins vertraut, bringt aber noch einen in der öffentlichen Diskussion bisher wenig beachteten Aspekt ins Spiel „Eine funktionierende Vernetzung von Bussen und Bahnen im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Takts ist ein Pfund, mit dem man gerade im sanften Tourismus wuchern kann.“ Wer sich anschickt, in der wunderbaren Landschaft des Mittelrheins eine Bundesgartenschau auszurichten, müsse den erhofften Besuchern ein attraktives – und vor allem funktionierendes – ÖPNV-Angebot machen können. Und noch eine Gruppe haben sie und ihre Mitstreiter im Blick: die Berufspendler, die sich auf einen fahrplanmäßigen Nahverkehr verlassen müssen, wenn sie nicht mit dem Auto im Staustehen und die Luft verpesten wollen.

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